Leben und Werk
1933 – 1952 Jahre in Neumarkt i.d.OPf.
Lothar Fischer wird am 8. November 1933 in Germersheim in der Pfalz geboren. Sowohl sein Vater, als auch seine Mutter waren Kunsterzieher. 1934 siedelt die Familie nach Neumarkt über, wo Lothar Fischer mit seinen beiden jüngeren Brüdern seine Kindheit verbringt, die Volksschule besucht und 1952 sein Abitur absolviert. Anschließend bewirbt er sich an der Akademie der Bildenden Künste in München.
1953 – 1957/58 Studium in München
Er beginnt sein Studium der Kunsterziehung bei Anton Marxmüller mit einem praktischen Werksemester Keramik, bevor er 1953 in die Bildhauerklasse von Heinrich Kirchner überwechselt. 1955 wird Fischer zum Meisterschüler Kirchners ernannt. Ende 1957 nimmt er gemeinsam mit den späteren Protagonisten der Gruppe SPUR an der »Atelierschau der Gruppe junger Künstler« im Pavillon Alter Botanischer Garten in München teil.
1957 – 1965 Die SPUR-Zeit
Der Bildhauer absolviert an der Akademie der Bildenden Künste das Staatsexamen für das künstlerische Lehramt sowie das Hochschuldiplom. Auf Initiative der Maler Helmut Sturm, Heimrad Prem und HP Zimmer wird Fischer Mitbegründer der Künstlergruppe SPUR. Während einer Ausstellung im Schwabinger Kunstzelt werden der Münchner Galerist Otto van de Loo und der dänische Maler Asger Jorn auf die Gruppe SPUR aufmerksam. Jorn interessiert sich für Fischers Plastik »Entwurzelter Berg«.
1958 | erscheint das erste SPUR-Manifest und die SPUR-Grafikmappe. |
1958 | lernt Fischer Christel Zakrzewski kennen. Fischer erhält von der Arnold’schen Stiftung ein dreimonatiges Rom-Stipendium. Im Juni 1959 heiraten Lothar Fischer und Christel Zakrzewski in Lübeck. |
1959 | Die Gruppe SPUR tritt während der Dritten Konferenz der Situationistischen Internationale (S.I.) bei, der sie bis 1962 angehört. Die Künstlergruppe stellt in der Galerie van de Loo aus. |
1960 | erhält Fischer in Mannheim den Kunstpreis der Jugend für Plastik. |
1960 | Es erscheint die erste SPUR-Zeitschrift; es folgen die Nr. 2 und Nr. 3. |
Anlässlich der Ausstellung »Engagierte Kunst« im Kunstverein München wird 1961 das Januar-Manifest (Gaudi-Manifest) veröffentlicht und das Kultusministerium erteilt SPUR ein Ausstellungsverbot für das Haus der Kunst. Als Reaktion erscheint die SPUR-Zeitschrift Nr. 4 und das Flugblatt Avantgarde ist unerwünscht. Fischer erhält das Villa Massimo Stipendium und geht 1961 für neun Monate nach Rom. Die Zeitschriften Nr. 5 und Nr. 6 werden herausgegeben. Fischer kommt aus Rom und gemeinsam arbeiten sie an der SPUR-Zeitschrift Nr. 7. Im November wird die Zeitschrift Nr. 6 durch das Sittendezernat der Kriminalpolizei in München beschlagnahmt.
Fischer erhält seine ersten öffentlichen Aufträge und gestaltet den Fischbrunnen in Neumarkt und den Chinesenbrunnen in Dietfurt.
1962 | stellt SPUR in der Galerie van de Loo aus, bevor der erste SPUR-Prozess vor dem Amtsgericht München beginnt. Fischer wird nicht angeklagt, da er sich während der Gruppenaktivitäten 1961 überwiegend in Rom aufhielt. Für die Oberrealschule in Neumarkt schafft er das Betonrelief »Wagenlenker«. |
1963 | entstehen drei SPUR-Gemeinschaftsarbeiten: ein ausgemaltes Zimmer in einem Landhaus bei München, das Wandbild »Canale Grande Crescente« im Palazzo Grassi in Venedig und der SPUR-Bau. Dieser wurde plastisch maßgeblich von Fischer geformt und bei der Troisième Biennale de Paris ausgestellt. |
1964 | findet in der Galerie Osborne in New York eine SPUR-Ausstellung statt. Fischer und Prem werden auf die documenta III nach Kassel eingeladen. Die Künstler der Münchner Gruppen SPUR und WIR (H. M. Bachmayer, R. Heller, F. Köhler, H. Naujoks, H. Rieger) arbeiten verstärkt zusammen und geben die Zeitschrift SPUR WIR heraus. |
1966 – 1974 Von GEFLECHT über Pop zu den Hüllen
Durch diese Zusammenarbeit entwickelt SPUR WIR – die Künstler geben sich 1966 den gemeinsamen Gruppennamen GEFLECHT (1966 – 1968) – farbräumliche Antiobjekte. Noch bevor die Zeitschrift GEFLECHT erscheint, verlassen Prem und Fischer die Gruppe, da sie sich künstlerisch zu sehr eingeschränkt fühlen.
Motiviert durch die Möglichkeit, nach GEFLECHT wieder gegenständlich zu arbeiten, setzt sich Fischer mit der Pop-Art auseinander. Er entwickelt überdimensionale Zahnpastatuben, deren Tonoberfläche er lackiert. Auch wenn Fischer die Pop-Art inhaltlich nicht wirklich interessierte, fand er über die Tuben und Fließformen – seine Emanationen – zu einer wichtigen Werkphase: den Hüllen. Ab 1969 setzt er sich mit der Hülle als bildnerische Form auseinander. Seine körperlosen Gewandfiguren weisen eine bewegte Oberflächenstruktur auf. Die leeren Hüllen haben sich von den darin innewohnenden Körpern befreit und beschäftigen den Künstler motivisch bis etwa in die Mitte der 1970er Jahre.
1975 – 1997 Von der Strenge zur Variation
1975 | erhält Fischer eine Professur an der Hochschule der Künste in Berlin. Gleichzeitig beginnt eine neue Werkphase, die er selbst als »Idole – Konzeption, Strenge und Geschlossenheit 1975 – 1985« bezeichnet. Die Konturen seiner Plastiken verdichten sich; sie werden linearer und symmetrischer. |
1979 | ziehen Lothar und Christel Fischer nach Baierbrunn und leben dort und in Berlin. Zeitweise lehrt der Künstler an den Akademien im österreichischen Linz (1980), Heusden bei s’Hertogenbosch und Groningen in Holland (1981), an der Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen (1982) und an der Sommerakademie Salzburg (1984). Mitte der 1980er Jahren gibt Fischer die strenge Formgebung seiner Arbeiten zugunsten organisch-spontaner Konstruktionen und Verflechtungen auf. Auch der Umgang mit dem Material wird wieder spielerischer. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Verhältnis von Figur und Raum; seine Plastiken weisen vermehrt Öffnungen und Durchblicke auf und wirken somit transparenter. |
1990 | wird dem Bildhauer der Kunstpreis des Landes Rheinland-Pfalz verliehen. Gleichzeitig schafft er für die Stadt Neumarkt das Skulpturenensemble »Stehende als Dreiergruppe« sowie die Brunnenanlage »Büste als Vierergruppe«. |
1991 | wird er Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, München. Nach zahlreichen Einzelausstellungen setzt sich Fischer gedanklich 1996/1997 intensiv mit der Auftragsarbeit für den Meßberghof in Hamburg, den »Enigma -Variationen«, auseinander. Dieses Ensemble besteht aus acht Außenplastiken in Bronze. |
1997 | beendet der Bildhauer seine Lehrtätigkeit an der Hochschule der Künste in Berlin. Über die plastische Vielfalt der Jahre 1975 – 1998 gibt die Gestaltung des Neuen Dovenhofs in Hamburg beispielhaft Aufschluss. Anhand von acht Großplastiken wird deutlich, wie sich die von Strenge und Geschlossenheit geprägten Werke, als auch die von Spontaneität und Transparenz zeugenden Plastiken als sinnfällige Einheit zu einem Gesamtwerk zusammenfügen. |
1998 – 2004 Präsenz in Neumarkt
Im Jahr 2000 erhält der Bildhauer den Kulturpreis der Stadt Neumarkt. Gleichzeitig schreibt er an seinem Buch »Zur Kunst aus bildnerischer Sicht«. Er gestaltet für den Residenzplatz in Neumarkt die Brunnenanlage »Drei Reiter«, die 2002 platziert wird. Für das St. Annen Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Lübeck entstehen die beiden Nischenfiguren »Adam und Eva«. Auf Anregung der Lyrikerin Margret Hölle denken die Stadt Neumarkt und der Künstler über einen Museumsbau für das Lebenswerk des Bildhauers nach.
2002 | wird die Lothar & Christel Fischer Stiftung mit Sitz in Neumarkt anerkannt. |
Lothar Fischer stirbt am 15. Juni 2004 in Baierbrunn bei München. Am 19. Juni 2004 wird das Museum Lothar Fischer eröffnet.